Dienstag, 17. Mai 2011

2. Tucholsky-Lesung mit Friedo Stucke

Wer heute das Osterholzer Kreisblatt liest wird den Artikel von Meike Döscher finden.  Da aber nicht alle Freunde und Interessierte von "Theater Spielorte e.V." diese Zeitung abonniert haben, geben wir die Ankündigung hier noch einmal wieder.  Die Weseroase findet Ihr wie auf der Karte rechts beschrieben.  Hier ist auch noch ein Link der zur Webseite der Strandgaststätte führt.

Sonntag, 8. Mai 2011

Im piccolo-theatro haventheater Premiere: „Ich, Feuerbach“

Gestern Abend war Premiere von Anke Hempels erster Regie im piccolo-theatro in der Bürger 200.  Die erste Spielzeit vom haventheater hat die Überschrift „Theater“.  Das Stück von Tankred Dorst „Ich, Feuerbach“ ist die ernste Variante.  Am Freitag gab es schon eine Premiere: Die Sternstunde des Josef Bieder mit Guido Fuchs, Regie Roberto Widmer.  Das war die lustige Variante.

Feuerbach ist der Schauspieler welcher all die Facetten zeigt, die uns Publikum stets verhüllt bleiben, besonders dann wenn der Schauspieler älter wird und die Heldenrollen dem Graumelierten nicht mehr abgekauft werden.  Wie wichtig ist die Karriere für einen Schauspieler?  Nicht nur der Star in den großen oskarprämierten Blockbustern muss auf seine Karriere achten.  Auch ein unbedeutender Schauspieler in einem Provinztheater muss darauf achten das er ein Bild entwickelt und es vor allen aufrecht hält.  Ein Schauspieler ist nie privat.  Er wird immer als der Charakter auf der Bühne gesehen, und hat man das Glück als „Gemeiner“ ihm die Hand zu schütteln, dann ist es die Hand des Hamlet oder die der Desdemona.  Er gibt seinen Körper und seine Seele als Instrument in den Theaterbetrieb.  Und in den seltensten Fällen wird es ihm in der Form gedankt, dass er sich ein würdiges Leben gestalten kann.  Theater funktioniert eben nur, wenn die Charaktere aus dem Gewöhnlichen heraus gehoben werden und etwas universelles erzählen mit dem wir, das Publikum, nach Hause gehen und unser Leben bereichern.  Darin besteht eine Spannung die ein Schauspieler aushalten muss: Er ist die metaphorische Gestalt und ein ganz gewöhnlicher Mensch.  Metaphorisch ist er auf der Bühne, gewöhnlich ist er am Zahltag.  Und da ist er so gewöhnlich dass ein Begriff für ihn und seine Leidensgenossen erfunden wurde.  Das Prekariat.  Egal wie ihm zu Mute ist, für den Schaubetrieb hat er zu brillieren.  Feuerbach hatte da eine Krise und ist daran gescheitert.  Sieben Jahre betrat er keine Bühne, sondern durchlief eine Therapie und kann nun mittels der neuesten Medikamente wieder am öffentlichen Leben teilnehmen.  Aber bekennen dazu darf er sich nicht.  Karriere!?  Manche werden Trinker, andere drehen durch, wieder andere legen sich abgestumpfte Routinen und Gewohnheiten zu, und nur einige sind psychisch so stark (oder gleichgültig) und überdauern den Spagat nahezu unbeschadet.
„Ich, Feuerbach“ ist kein leichter Tobak.  Doch Regisseurin Anke Hempel hat es mit ihrer Inszenierung geschafft die Abgründe und die Leidenschaft der Schauspieler in der Person Feuerbach hervorzukehren, uns als Publikum einerseits zu berühren und mit Witz und Charme zu unterhalten.  Die bedrückenden Momente im Leben können wir leichter betrachten, wenn wir die Fähigkeit haben über uns selbst zu lachen.  Und Anke Hempel gibt uns die Gelegenheit mit Feuerbach zu fühlen und mit ihm über ihn zu lachen.  Das wird nicht zuletzt von Roberto Widmer, in der Rolle des Feuerbach, auf amüsante und bildreiche Weise gespielt.  Hier sieht man einen erfahrenen Schauspieler der aus wer-weis-wie-vielen-Rollen schöpfen kann.  Ein Schauspieler mit einen Stuhl und man möchte den ganzen Abend nichts anderes mehr sehen.  Gekonntes aneinander vorbeireden mit der Assistentin, gespielt von Heike Eulitz, offenbart den Generationenwechsel der nicht überbrückt werden kann.  Widmer wandelt eine Streichholzschachtel in einen Vogelschwarm, verkörpert die Vielschichtigkeit des Charakters mit klaren Übergängen und scheitert vor unseren Augen, vielleicht für immer. Er zeigt uns einen Schauspieler in Fleisch und Blut damit wir einmal mehr sehen können welche Heroen auch in unserer Stadt Abend für Abend auf die Bühne gehen.  Das ganze Ensemble zeigt uns, ernstes Theater kann eine erfüllende Unterhaltung sein.
Das piccolo - theatro haventheater in der Bürger 200 ist eine Bereicherung für die Theaterlandschaft Bremerhavens.  In dem kleinen Zimmertheater mit 40 Plätzen entsteht sofort eine Atmosphäre von Kultur auf persönlicher Ebene.  Der eng bemessene Raum ist klug durchdacht eingerichtet.  Dies alles in Eigenleistung der Betreiber gebaut, entstand in Monaten schweißtreibender Arbeit ein Kleinod.  Es bietet ein Minifoyer mit einer Theaterbar und zum rauchen geht man in die laue Sommernacht auf den Bürgersteig, bis man vom Glöckchen zum zweiten Teil herein geläutet wird.  Hier machen Theatermenschen einen Kulturraum mit Herz und Freundlichkeit die stimmt.  Mit geringer Unterstützung vom Kulturamt und wenigen privaten Sponsoren ist eine neue Adresse in der Stadt entstanden.  Man kann dem piccolo - theatro haventheater nur alles Gute wünschen damit diese Perle lange erhalten bleibt.