Montag, 4. April 2011

„Beklemmendes Theater hautnah“

Mit dieser Überschrift hat das Sonntagsjournal in Bremerhaven eine weitere Kritik zur letzten Produktion unseres Vereins geschrieben.  Sie erschien am 3. April. 2011 zum letzten geplanten Aufführungstermin in Bremerhaven.  Hier eine Abschrift aus der Zeitung.
BREMERHAVEN (ler) Risikoreiches Theater zu aktuellen Themen hat sich der Verein „Theater Spielorte e.V.“ auf die Fahnen geschrieben, und dieses Ziel löst Robert Schneiders Monolog „Dreck“, der zurzeit im Lehe-Treff zu erleben ist, voll und ganz ein. Das Risiko trägt dabei nicht zuletzt der Zuschauer, denn Friedo Stuckes Inszenierung lässt sicher niemanden kalt.

Der österreichische Autor erzählt in seinem Ein-Personen-Stück die Geschichte des illegal in Deutschland lebenden Rosenverkäufers Sad, der sich in seinem Zimmer auf seine abendliche Runde vorbereitet: „58 Lokale mit 40-jährigen Männern und jede Nacht zwölf Kilometer“. Glückliche Erinnerungen an die Kindheit und Jugend im Irak blitzen ebenso auf wie das immer wieder wiederholte Wunschbild von einem heilen Deutschland, Sad träumt von „tiefgrünen Seen, schneeblauen Bergen, von Kultur und großen Dichtern“. Seine Lebenswirklichkeit allerdings sieht anders aus: „Eine Eisenstange, ein Messer, ein Schimpfwort“, sind die Realität, Angst ist ein ständiger Begleiter.
So weit, so gut und schon oft gesehen oder gehört.  Aber Schneiders Stück macht hier nicht halt, sondern geht perfide einen Schritt weiter.  Der mit hoher Intensität vom gebürtigen Iraner Arash Beigi-Khusani verkörperte Illegale übernimmt aus Liebe zu Deutschland die Vorurteile und Anfeindungen der Rassisten und Nationalisten, zeigt sogar Verständnis für deren Verachtung. „Ich habe es nicht verdient, ich bin nur ein Stück Dreck“, richtet der Hamburger Schauspieler den Hass auf die Fremden gegen sich selbst und lässt den an die Scheinwerfer, den Stuhl und die Lampe gerichteten Monolog zum verzweifelten Ringen um die eigene Existenz werden.
So wird „Dreck“ zu beklemmendem, hautnah erlebtem Theater – nach der Premiere ging zunächst ein Durchatmen durch die Reihen, bevor der Beifall für die Inszenierung einsetzte.

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